Anknüpfungskriterium für ein «Online»-Vergehen
Die französische Rechtsprechung hat sich je nach Rechtsstreit auf verschiedene Kriterien berufen: den Handlungsort, d. h. den Ort, an dem das Werk online gestellt wurde (Cass., Civ. 1, 30. Januar 2007, Nr. 03-12354), den Ort, an dem die Urheberrechtsverletzung stattgefunden hat (TGI Paris, 3e ch. 2e section, 18. Dezember 2009, Editions du Seuil et autres / Google Inc. Et France) oder den Ort, an dem die Website abrufbar ist (Cass., Com. 10. Juli 2007, Nr. 05-18571).
Wird ein geschütztes Werk vervielfältigt und an Studierende verteilt, lässt sich der Ort der Vervielfältigung und der Verbreitung leicht bestimmen. Bei einer Verbreitung von Werken über das Internet ist es weitaus schwieriger, denjenigen Staat zu lokalisieren, in dem das Werk verwendet wird: ist es der Staat, in dem das Werk online gestellt wurde? Oder der Staat, in dem das Werk online verfügbar ist? Oder der Staat, von dem aus das Werk abgerufen werden kann? Oder der Staat, auf dessen Gebiet eine Urheberrechtsverletzung stattgefunden hat? Oder schliesslich der Staat, in dem die in ihrem Urheberrecht verletzte Person ihren Wohnsitz hat? Auf diese Fragen gibt es keine abschliessende Antwort. Auch hier drängt sich eine Fall-zu-Fall-Beurteilung auf, und eine Kollision verschiedener Rechtsordnungen oder verschiedener Rechtsprechungen kann nicht vollständig ausgeschlossen werden.
Eine einzige Handlung, eine Vielzahl von Vergehen: Das Kriterium des Abruforts der Website könnte dazu führen, dass eine einzige Handlung Grundlage für mehrere Vergehen bildet, je nachdem, auf welchem Gebiet die Inhalte abrufbar sind. So könnte eine Website, die in der Schweiz, Frankreich und Belgien zugänglich ist, zu Urheberrechtsverletzungen in allen drei Ländern führen. Diese Tatsache veranlasst Herausgeber, ihre Dienste (z. B. YouTube, Netflix usw.) geografisch zu sperren.
GUT ZU WISSEN
Die französische Rechtsprechung hat sich je nach Rechtsstreit auf verschiedene Kriterien berufen: den Handlungsort, d. h. den Ort, an dem das Werk online gestellt wurde (Cass., Civ. 1, 30. Januar 2007, Nr. 03-12354), den Ort, an dem die Urheberrechtsverletzung stattgefunden hat (TGI Paris, 3e ch. 2e section, 18. Dezember 2009, Editions du Seuil et autres / Google Inc. Et France), oder den Ort, an dem die Website abrufbar ist (Cass., Com. 10. Juli 2007, Nr. 05-18571).
FAQ
Der Blog des Professors kann dahingehend beurteilt werden, dass er einem französischen und schweizerischen Publikum zugänglich ist. Das heisst, dass sowohl die Schweiz als auch Frankreich als Abrufort gelten. Problem darstellen dürfte (das schweizerische Urheberrecht kennt diesbezüglich eine Schrankenregelung für Werke, die sich auf öffentlichem Grund befinden, Art. 27 URG, wonach diese uneingeschränkt genutzt werden dürfen), gibt es in Frankreich keine derartigen Ausnahmen. Eine Nutzung des Fotos in Frankreich (eben in dem Blog des Professors) ist ohne Einwilligung der Rechtsnachfolger der Künstlerin nicht möglich. Die Rechtsnachfolger könnten demnach eine Verletzung ihrer Rechte (Nutzung des Fotos ohne Einwilligung) in Frankreich einklagen mit der Begründung, das Werk werde in Frankreich ohne Einwilligung genutzt.