2.2.1 Sprachwerke

Nach Art. 2 Abs. 2 lit. a URG können literarische, wissenschaftliche und andere Sprachwerke urheberrechtlich geschützte Werke sein, wenn sie geistige Schöpfungen mit individuellem Charakter und sinnlich wahrnehmbar sind.

Ein Sprachwerk liegt vor, wenn ein Gedanke durch das Mittel der Sprache seinen Ausdruck findet (Hilty, Urheberrecht, 11. Auflage, S.77). Das muss nicht zwingend nur durch klassische schriftlich fixierte Werke erfolgen (Bücher, Zeitschriften, Broschüren, Briefe etc.), sondern kann z.B. auch eine gesprochene Rede sein. Bei literarischen Werken ist der Werkcharakter in der Regel gegeben, da meist die erforderliche Individualität vorliegt.

Das mag etwas schwer nachvollziehbar zu sein, da der Eindruck erweckt wird, dass wissenschaftliche Arbeiten keinen urheberrechtlichen Schutz geniessen und man sich an den Inhalten “frei” bedienen kann. Dem ist selbstverständlich nicht so. Gemeinfrei sind nur die Erkenntnisse, die der wissenschaftlichen Forschung dienen, damit der freie Zugang der Wissenschaft gewährleistet werden kann.

Als Faustregel gilt: an einem wissenschaftlichen Werk ist das urheberrechtlich geschützt, was als neue originelle und individuelle Ausdrucksform entsteht – also das, was es vorher noch nicht oder nicht in dieser Form gab (schöpferische Qualität) und was von anderen fachlich Gleichgesinnten in dieser Form nicht entwickelt worden wäre (Individualität).

Nicht zu vergessen ist die gute wissenschaftliche Praxis – hiernach können Richtlinien oder Reglemente u.a. von Bildungs- und Forschungseinrichtung festlegen, dass auch gemeinfreie Ergebnisse mit Quellenangaben zitiert werden müssen. Nichtbeachtung dieser Regelungen kann wissenschaftliches Fehlverhalten nach sich ziehen.

FAQ

2.2.1-3 Ist eine in einer wissenschaftlichen Arbeit aufgestellte These (Theorie) urheberrechtlich geschützt?

Nein und ja: die These in ihrem Sinngehalt ist nicht urheberrechtlich geschützt. Sie ist eine wissenschaftliche Aussage und muss der Wissenschaft frei zugänglich sein. Ist die These allerdings sprachlich so kreativ und individuell gestaltet worden, ist zumindest diese sprachliche Form geschützt. Wird die These daher wortwörtlich von einem Dritten übernommen, muss die Zitierpflicht nach Art. 25 URG beachten werden; andernfalls liegt eine Werksanmassung (Plagiat) vor.

2.2.1-4 Ist ein Unterrichts- oder Lehrbuch urheberrechtlich geschützt?

Grundsätzlich ja, wenn das Lehrbuch oder Teile davon schöpferische und individuelle Elemente aufweisen. Geschützt kann insbesondere die Darstellungsform sein, so z.B. der Aufbau des Lehrbuchs, die Art der Zusammenstellung von Inhalten, die sprachliche Mitteilungsform (z.B. durch Bilder, Tabellen, Schemata etc.), die Sprache selber (z.B. für Laien ohne Fachvokabular oder humorvolle Beschreibungen). Die (Lehr-)Methoden oder das Wissen an sich, welches durch das Buch vermittelt wird, sind allerdings nicht geschützt, weil in der Regel Teile aus bereits Bekanntem, Erprobtem, Erforschtem zur Wissensvermittlung zusammengeführt wird.