2.2.7 Fotos und Filme

 

Nach dem Art. 2 Abs. 2 (g) URG, Fotografien, Filme und andere visuelle oder audiovisuelle Werke können urheberrechtlichen Schutz geniessen. Allerdings nur, wenn sie die Bedingungen erfüllen, die in Art. 2 Abs. 1 URG, wenn sie auch geistige Schöpfungen mit individuellem Charakter sind und mit den Sinnen wahrnehmbar sind.
 
In erster Linie ist es entscheidend, dass Fotografien und Filme von einer Person geschaffen werden, die damit eine Absicht oder einen Gedanken (geistige Schöpfung) zum Ausdruck bringt. So können Fotografien oder Filme, die durch eine automatische Verarbeitung entstanden sind, wie z. B. eine Webcam oder ein Radarbild, keine geschützten Werke sein.
 
Mit dem neuen Art. 2 Abs. 3bis URG wird der Urheberrechtsschutz auf Bilder von dreidimensionalen Objekten, die keinen individuellen Charakter haben, ausgedehnt.
 
Ein Foto fällt also unter das schweizerische Urheberrecht, wenn die folgenden Anforderungen erfüllt sind:
 
  • das Bild ist eine geistige Schöpfung,
  • das Bild stellt ein dreidimensionales Objekt dar.
Bilder von Fotokopien oder Reproduktionen von Texten, Plänen, grafischen Darstellungen oder anderen Arten von zweidimensionalen Unterlagen sind daher keine geschützten Werke.
 
Mit Ausnahme von Fotografien stellt sich bei allen anderen Werken auch die Frage, ob ein anderer Autor in der gleichen Situation ein identisches oder ähnliches Werk (eine individuelle Figur) geschaffen hätte (vgl. BGE 134 III 166, 172). Dabei kommt es nicht nur auf das Ergebnis an, sondern auch auf das Gestaltungsmittel und den kreativen Spielraum des Autors.
 
Audiovisuelle und multimediale Werke sind in der Regel urheberrechtlich geschützt, da sie aufgrund ihrer Struktur und Komplexität im Allgemeinen das Kriterium der Individualität erfüllen. Anders verhält es sich, wenn die Urheberschaft nur die Realität abbildet, wie es jeder andere auch tun würde.
 
 
 
 
Diese Seite entspricht dem neuen Urheberrechtsgesetz, das seit April 2020 in kraft ist.

ZU BEACHTEN

Miturheberschaft und Werke zweiter Hand bei audiovisuellen und multimedialen Werken

Bei der Herstellung von audiovisuellen und multimedialen Werken sind oft mehrere Personen schöpferisch beteiligt (Regisseur, Drehbuchautorin, Kameramann, Filmeditorin, Tonmeister, Produzent etc.). Ohne anderslautende vertragliche Abmachungen zwischen den Beteiligten liegt in der Regel Miturheberschaft vor (Art. 7 URG). Etwas anders ist es bei der Filmmusik. Hier ist zu unterscheiden, ob die im Film verwendete Musik schon vor der Produktion des Filmes oder eigens für den Film komponiert wurde. Nur im letzten Fall kann eine Miturheberschaft entstehen. Im ersten Fall behält allein der Komponist sein originäres eigenes Urheberrecht.

Wird für ein audiovisuelles oder multimediales Werk zudem ein vorbestehendes Werk wie beispielsweise ein Roman für dessen Verfilmung oder ein existierender Film zur Herstellung eines multimedialen Unterrichtswerks verwendet, kann ein Werk zweiter Hand (Art. 3 URG) vorliegen. Das gilt dann auch für Filmmusik, wenn es sich um Kompositionen handelt, die unabhängig von einem Film entstanden sind, die aber für einen Film bearbeitet wird.

Persönlichkeitsrecht und Datenschutz bei Fotos

Neben dem urheberrechtlichen Schutz, welcher die Rechte des Fotografen oder der Fotografien schützt, unterliegen Fotografien von Personen auch dem Recht am eigenen Bild als Teilaspekt des Persönlichkeitsschutzes nach Art. 28 Zivilgesetzbuchund nach Art. 30 Bundesgesetz über den Datenschutz bzw. entsprechende Bestimmungen in den kantonalen Datenschutzgesetzen, z.B. Kanton Basel-Stadt §3 et seq. IDG or. §9 IDG.

Durch das Recht am eigenen Bild (Art. 28 ZGB) wird die abgebildete Person in ihrem Selbstbestimmungsrecht – unter anderem in ihrem Recht, wie und wo ihr Bild veröffentlicht und verbreitet werden soll – geschützt. Voraussetzung einer Verletzung des Rechts am eigenen Bild ist, dass sowohl die betroffene Person sich selber auf dem Bild erkennt (subjektive Erkennbarkeit), als auch andere sie erkennen können (objektive Erkennbarkeit). Jede Verletzung des Rechts am eigenen Bild ist grundsätzlich widerrechtlich, wogegen sich die verletzte Person jederzeit mit verschiedenen Klagen wehren kann (Klage auf Unterlassung, auf Feststellung und auf Beseitigung, auf Schadenersatz und Genugtuung Art. 28a ZGB).

Allerdings kennt das Gesetz drei Voraussetzungen, bei deren Vorliegen keine Widerrechtlichkeit gegeben ist (Art. 28 Abs. 2 ZGB ):

  1. wenn die abgebildete Person in die Verwendung ihres Bildes im konkreten Fall ausdrücklich oder stillschweigend einwilligt,
  2. wenn ein übergeordnetes privates oder öffentliches Interesse besteht, oder
  3. wenn ein gesetzlicher Rechtfertigungsgrund gegeben ist, wenn also in einem Gesetz festgeschrieben ist, dass eine entsprechende Verwendung eines Bildes rechtmässig ist.

Persönlichkeitsrechte enden grundsätzlich mit dem Tod der abgebildeten Person und sind weder übertragbar noch vererblich, d.h. mit dem Tod der fotografierten Person geht auch ihr Recht am eigenen Bild unter. Allerdings steht im Zusammenhang mit der zunehmenden Kommerzialisierung und Aufmerksamkeit bezüglich berühmter Personen vermehrt die Frage im Raum, ob der Persönlichkeitsschutz über den Tod hinaus – ähnlich der urheberrechtlichen Schutzfristen – auszudehnen ist. Bisher ist einzig das Recht der Angehörigen der verstorbenen Person auf Wahrung ihres Andenkens, der sogenannte Andenkenschutz, anerkannt. Geschützt wird dabei das Pietätsgefühl der Angehörigen, wenn dieses durch die Veröffentlichung oder Verbreitung von Bildern des Leichnams verletzt wird oder auch durch die Entstellung des Abbilds der lebenden Person. (cf. Büchler, Die Kommerzialisierung Verstorbener, in AJP, 2003 p. 9 et seq. )

Das Recht am eigenen Bild wird durch den datenschutzrechtlichen Schutz vor unrechtmässiger Bearbeitung von Personendaten erweitert und präzisiert. Zu den Personendaten gehören alle Informationen, die sich auf eine bestimmte oder bestimmbare Person beziehen (Art. 5 (a) DSG); dazu gehören auch Fotos von Personen. Gemäss Bundesgesetz über den Datenschutz ist jede Bearbeitung von Personendaten (Erheben, Archivieren, Benutzen, Umarbeiten, Benachrichtigen, Vernichten usw.), die gegen den Willen der betroffenen Person erfolgt, unzulässig und darf nur erfolgen, wenn ein Rechtfertigungsgrund vorliegt. Die Rechtfertigungsgründe im eidgenössischen Datenschutz (Art. 31 DSG) entsprechen jenen des Persönlichkeitsschutzes.

GUT ZU WISSEN

Schnappschüsse und das Bundesgericht

Das Bundesgericht hatte in 2 Fällen den urheberrechtlichen Charakter von Porträtfotografien zu beurteilen. Einmal ging es um ein, im landläufigen Sinn gesprochenen, Schnappschuss von Bob Marley mit wehenden Dreadlocks, aufgenommen von einem Schweizer Fotografen an einem open air-Konzert (BGE 130 III 168). Im anderen Fall ging es um eine Pressefotografie, auf welcher der Wachmann Christoph Meili abgebildet ist, wie er im Zusammenhang mit den sog. nachrichtenlosen Vermögen, gemäss Anweisungen der Fotografien zwei grosse Bücher als corpus delicti in die Kamera hält (BGE 130 III 714). Im Fall von Bob Marley kam das Bundesgericht zum Schluss, dass der Fotograf gerade keinen Schnappschuss gemacht hatte, sondern seinen gestalterischen Freiraum ausgenutzt hatte, im genau richtigen Augenblick auf den Auslöser gedrückt und einen speziellen Bildausschnitt gewählt hat und damit die Fotografie ausreichend Individualität aufweist.

Anders hat das Bundesgericht die Fotografie von Christoph Meili beurteilt. Obwohl die Fotografin in diesem Fall eindeutig keinen Schnappschuss gemacht hat, sondern das Bild regelrecht inszeniert hat, spricht das Bundesgericht der Fotografie die erforderliche Individualität und damit den urheberrechtlichen Schutz ab. Das Bundesgericht bestätigt mit folgenden Worten die Vorinstanz: “Der Bildausschnitt und der Bildwinkel ergäben ein frontales Portrait in einer Grösse, bei der das Gesicht von Meili und die beiden von ihm vorgezeigten Folianten den Mittelpunkt bildeten und die Titel der beiden Folianten in der Originalaufnahme problemlos lesbar seien. Diese Bildelemente würde jedermann so wählen, der zeigen wolle, dass Meili im Besitz der fraglichen Dokumente gewesen sei. Alle anderen fototechnischen Mittel seien banal und entsprächen dem, was eine einfache Kamera automatisch gewählt hätte. Auch die Art, wie Meili die beiden Folianten vorzeige, nämlich mit den Titelseiten frontal gegen die Kamera, sei naheliegend und entspreche dem, was jedermann anordnen würde. Schliesslich sei die Beleuchtung eine Blitzlichtbeleuchtung, wie sie bei jeder einfachen Kamera von einer eingebauten Leuchte geliefert werde. Einmalig sei die Aufnahme nur wegen ihres Objekts. Dieses dokumentiere einen höchst ungewöhnlichen Vorfall, der damals weltweit Aufsehen erregt habe.” (BGE 130 III 716).

Diese beiden Bundesgerichtsentscheide zeigen, wie schwer sich das höchste Gericht damit tut, sich festzulegen bei der Beurteilung des urheberrechtlichen Werkcharakters von Fotografien. Schlussendlich kommt man nicht herum, den Einzelfall genau zu prüfen. Möchte man ein Foto nutzen, sollte man im Zweifel eher von einem urheberrechtlichen Schutz ausgehen und sich dann vorsichtshalber lieber eine Einwilligung einholen, sei denn, das entsprechende Foto ist gemeinfrei. (für weitergehende Überlegungen vgl. Hug Gitti, Bob Marley vs Christoph Meili: ein Schnappschuss in sic! 2005 S. 57ff.)

Die aktualisierte Version dieser Webseite mit den Änderungen des neuen Urheberrechtsgesetzes von 2020 ist in Englisch verfügbar.

FAQ

2.2.7-1 Kann sich ein Forschungsprojekt bei der Publikation von Fotografien berühmter Persönlichkeiten auf das öffentliche Interesse berufen und die Fotografien ohne Einwilligung der abgebildeten Personen veröffentlichen?

Nur unter bestimmten Voraussetzungen. Nach Gesetz ist jedes Veröffentlichen von Fotografien von Personen widerrechtlich (Art. 28 ZGB, Art. 13 DSG), ausser, es liegt eine der drei folgenden Ausnahmen vor:

  • die fotografierte Person hat der Abbildung zugestimmt;
  • ein gesetzlicher Rechtfertigungsgrund für die Abbildung liegt vor oder
  • es besteht ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse. Ein öffentliches Interesse kann nur durch eine sog. Interessensabwägung festgestellt werden. Dabei werden die gegenseitigen Interessen gegenübergestellt – hier einerseits das Interesse des Fotografierten an seinem Persönlichkeitsschutz und seinem Recht, selber zu bestimmen, wann und wo er abgebildet wird und andererseits das Interesse der Öffentlichkeit an seiner Person. Diese beiden Interessen müssen gegenseitig abgewogen werden.

In der Praxis spielt die Interessensabwägung eine grosse Rolle. Hier muss man sich fragen, wie wichtig die Person für die Öffentlichkeit ist. Umso wichtiger die Person für die Öffentlichkeit ist, desto weniger ist eine Einwilligung erforderlich. Hier kann man sich Folgendes merken:

  • Handelt es sich bei den Personen um sehr wichtige Personen der Zeitgeschichte (also um Menschen, die mit ihrem gesamten Wirken in der Öffentlichkeit stehen, beispielsweise der Papst, Präsidenten der USA, weltberühmte Künstler und Musiker etc.), ist ein Veröffentlichen von Fotografien ohne Einwilligung erlaubt.
  • Handelt es sich um öffentliche Personen (der Zeitgeschichte), die nur für eine begrenzte Zeit im öffentlichen Fokus stehen ist allenfalls eine Veröffentlichung ihrer Fotografien während des Zeitraums ihrer Berühmtheit ohne Erlaubnis möglich.
  • Handelt es sich um “normale” nichtöffentliche Personen (z.B. der Nachbar, ein Mitarbeiter, ein Fussgänger etc.), dann ist eine Einwilligung immer erforderlich.

Im Zweifel empfiehlt es sich jedoch immer, eine entsprechende Einwilligung einzuholen.

Bei der Publikation von Fotografien ist aber in jedem Fall immer auch das Urheberrecht des Fotografen zu beachten.

2.2.7-3 Kann sich ein Teilnehmer eines öffentlichen universitären Anlasses gegen das Fotografieren seiner Person wehren? Kann er verlangen, dass die von ihm gemachten Fotos entfernt werden?

Es kommt darauf an, wie “wichtig” der Teilnehmer für die Öffentlichkeit ist:

  • Ja, wenn es sich dabei um eine “normale”, nichtöffentliche Person (z.B. Studentin, Mitarbeiter, etc.) handelt. Dann ist das Fotografieren der Person ohne deren Einwilligung unzulässig. Sie kann sich gegen das “Fotografiert werden” wehren, insbesondere auch die Löschung bzw. Entfernung der Fotos (z.B. von der Homepage der Universität) verlangen und zwar unter Berufung auf den datenschutzrechtlichen Schutzes der Fotografie einer Person. Fotografien, auf welchen eine Person erkennbar ist, zählen zu den schützenswerten Daten über ihre Person (Art. 3 DSG). Nach Datenschutzgesetz ist jeglicher Umgang, insbesondere auch das Beschaffen von Daten widerrechtlich, ausser es liegt eine Einwilligung, ein höheres privates oder öffentliches Interesse oder ein gesetzlicher Rechtfertigungsgrund vor (Art. 13 DSG).
  • Eher nein, wenn die Person eine öffentlichen Persönlichkeit zumindest für eine begrenzte Zeit ist (z.B. Rektorin, Persönlichkeit aus der Wirtschaft, Politiker). Eine Person, die mit ihrem Wirken in der Öffentlichkeit steht, muss das “Fotografiert werden” dulden, sofern ein Zusammenhang zwischen ihrer Bekanntheit und dem Anlass besteht.

2.2.7-4 Sind Porträtfotografien urheberrechtlich geschützt?

Sofern eine Porträtfotografie eine geistige Schöpfung ist, also von einem Menschen gemacht wurde (und nicht etwa von einem Fotoautomaten) und individuellen Charakter aufweist,also der Fotograf nicht nur in zufälliger Art und Weise die porträtierte Person geknipst hat, sondern mit ausreichend Gestaltungsmittel und -spielraum (Wahl des Objektivs, von Filtern, Moment des Abdrückens, etc.) gewirkt hat, liegt ein urheberrechtliches Werk vor. Vereinfacht gesagt, kann man fragen, ob ein anderer in der gleichen Situation das selbe oder ein sehr ähnliches Bild gemacht hätte. In dem Fall müsste man den urheberrechtlichen Charakter verneinen.

Im Zweifel empfiehlt es sich, von einem urheberrechtlichen Werk auszugehen.

Die aktualisierte Version dieser Webseite mit den Änderungen des neuen Urheberrechtsgesetzes von 2020 ist in Englisch verfügbar.