5a.6 Das Zitatrecht

Zitieren meint, das – in der Regel ausschnittsweise – wort- bzw. bild-, tongetreue, etc. Übernehmen eines geschützten Werkes. Das heisst im Umkehrschluss, dass nicht oder nicht mehr geschützte Werke ohne Beachtung von Art. 25 URG zitiert werden dürfen. Ebenfalls nicht von der Schranke der Zitatfreiheit (Art. 25 URG) wird das sog. Paraphrasieren geregelt. Eine Paraphrasierung ist die bloss sinngemässe Übernahme oder Zusammenfassung eines (geschützten) Textwerkes. Anders als beim Zitat gibt man bei der Paraphrasierung den Inhalt in eigenen Worten wieder.

Wer ein Zitat nicht als solches ausweist, begeht ein Plagiat, weil der Zitierende sich dadurch als Urheber der Textstelle oder des Bildes, etc. ausgibt. Der Urheber, welcher dadurch in seinem Recht verletzt wird, kann sich nach Art. 68 URG zur Wehr setzen.

 

ZU BEACHTEN

Zitatrecht ist zwingendes Gesetz

Die Zitatfreiheit nach Art. 25 URG ist zwingendes Recht (gesetzliche Lizenz). Es kann durch einen Vertrag nicht wegbedungen werden. Probleme stellen sich in diesem Zusammenhang allerdings bei ausschliesslich digital angebotenen Werken, zu welchen man als Werknutzer oder Werknutzerin nur noch Zugang hat, wenn man eine Lizenzgebühr bezahlt. Damit ist der Werkgenuss – die Grundvoraussetzung um ein Werk zitieren zu können – nicht mehr sichergestellt. Diese Werke sind zwar grundsätzlich veröffentlicht, aber nur jenen zugänglich und damit auch zitierbar, die für den Zugang eine Lizenzgebühr bezahlen. Bezahlt man keine Lizenzgebühr, erhält man keinen Zugang zu diesen Werken und kann sie damit auch nicht zitieren, womit die Zitatfreiheit – das Recht veröffentlichte Werke ohne Einwilligung des Urhebers zitieren zu dürfen – ins Leere läuft. (vgl. dazu auch Hilty, Urheberrecht, 2011, 205f.)

Zitierpflicht nicht nur nach Gesetz

Bei der Paraphrasierung, aber auch bei Zitaten von nicht (mehr) geschützten Werken gehört es jedoch – insbesondere in Lehre und Forschung – zur guten wissenschaftlichen Praxis, die Paraphrase bzw. jegliches Zitat zu kennzeichnen und auf die Quelle hinzuweisen, da ansonsten ein wissenschaftliches Fehlverhalten vorliegt.

GUT ZU WISSEN

Das Plagiat

Ein Plagiat bezeichnet die “unbefugte Übernahme fremden Geistesguts, der ‚Diebstahl‘ geistigen Eigentums“. (Fröhlich Gerhard, Wie rein ist die Wissenschaft? – Fälschung und Plagiat im rauen Wissenschaftsalltag, in Etzlstofer Hannes/Katzinger Willibrand/Winkler Wolfgang, echt – falsch will die Welt betrogen sein, 2003, p. 82). Einerseits kann ein Plagiat eine Urheberrechtsverletzung darstellen, wenn man ein Zitat nicht als solches kennzeichnet (Art. 25 URG) Denn in dem Fall erweckt diejenige Person, die das Zitat verwendet aber die Quellenangabe weglässt, den Anschein, das Werk stamme von ihr. Aber darüber hinausgehend bezeichnet man ganz allgemein auch als Plagiat, wenn jemand Werke auf der Grundlage von Ideen oder Inhalten von anderen erschafft, ohne genau das aber offenzulegen. Insbesondere in der Wissenschaft ist das Plagiieren, “die unethische Autorenschaft”, verpönt.

Dieses sog. wissenschaftliche Fehlverhalten (wobei weit mehr darunterfällt als nur das Plagiieren, vgl. dazu u.a. Linksammlung “wissenschaftliche Integrität” kann je nach Richtlinien der einzelnen Universitäten oder bspw. des Schweizerischen Nationalfonds unangenehme Konsequenzen, wie Aberkennung von Titeln, Ausschluss vom Studium, etc. nach sich ziehen. Es gibt zahlreiche Beispiele und Möglichkeiten ein Plagiat zu begehen (Aufzählung in Anlehnung an oben erwähnten Aufsatz von G. Fröhlich und an Weber-Wulff Debora, Copy & Paste = Plagiat? in Gasteiner Martin/ Haber Peter (Hrsg.), Digitale Arbeitstechniken für die Geistes- und Kulturwissenschaften, 2010, S. 111- 122):

  • Totalplagiat oder Copy & Paste in toto: dabei übernimmt man ein Werk eines anderen in voller Länge ohne jegliche eigene schöpferische Leistung
  • Übersetzungsplagiat: hier nimmt man als Vorlage ein fremdes Werk und übersetzt dieses in eine andere Sprache, ohne den Urheber des Originalwerks zu benennen. Damit erschafft man ein Werk zweiter Hand (Art. 3 URG).
  • partielles Plagiat: das Übernehmen von Teilen eines Werkes
  • Shake & Paste: hier verwendet man wie beim partiellen Plagiat nur Teile eines anderen Werkes und setzt diese Teile neu zusammen.
  • Halbsatzflickerei: hier werden nur Teile von Sätzen verwendet und zu neuen ganzen Sätzen zusammengebaut
  • Ideenplagiat: dabei wird nur die Idee des anderen Urhebers abgekupfert und in eigenen Worten wiedergegeben (nach allgemeiner Auffassung ist die Idee alleine nicht urheberrechtlich geschützt. Erst wenn sie in “sinnlich wahrnehmbarer Form” erscheint, soll sie Schutz erlangen (BGE 116 II 351, 354; kritisch: Handle Marco, Der urheberrechtliche Schutz der Idee, 2013 N 1349). Das heisst, dass Urheber bei Vorliegen eines Ideenplagiats möglicherweise keinen Rechtsschutz durch das Urheberrechtsgesetz beanspruchen können. Im wissenschaftlichen Bereich aber kann man sich auf die Verletzung der guten wissenschaftlichen Praxis berufen).
  • Strukturplagiat: übernommen wird hier “nur”, bei wissenschaftlichen Arbeiten aber von zentraler Bedeutung, der Aufbau eines Werkes, beispielsweise das Inhaltsverzeichnis einer Dissertation
  • “Autorenzeilen-Plagiat: Der Student schreibt eine Diplomarbeit und der Professor, der diese Arbeit gerade mal kurz überflogen hat, bietet dem Studenten die “Ehre” an, mit ihm, dem Professor auf den Autorenzeilen zu stehen.” (Weber-Wulff Debora, Fremde Federn Finden – eine E-learning Einheit, 2013)
  • Selbstplagiat: ein solches liegt beispielsweise vor, wenn man einen eigenen Text ein weiteres Mal veröffentlicht, allenfalls unter neuem Titel, so dass der Anschein erweckt wird, dass dieser zum ersten Mal erscheint.
  • Kryptoamnesie: hierbei handelt es sich um den Fall, dass man meint, eine Idee oder eine Aussage, etc. sei die eigene, wobei man vergessen hat, dass man diese Vorlage bei jemandem anderen gesehen hat.

Nicht nur gibt es zahlreiche Möglichkeiten von Plagiaten, sondern auch ganz unterschiedliche Plagiatoren. Längstens schreiben nicht nur Schülerinnen und Schüler in Wikipedia ab, ohne die Quelle anzugeben. Alle, vom Schüler, über die Studentin, den Gutachter bis hin zur Professorin, können plagiieren. Ein hilfreiches Tool, um mehr über Plagiate zu erfahren, auch wie man solche aufdecken kann ist: ”Weber-Wulff Debora, Fremde Federn Finden – eine E-learning Einheit, 2013”.

FAQ

5.6-3 Darf ich für eine Power-Point-Präsentation mir aus Google einfach ein Bild suchen und dieses ohne Weiteres in meine Präsentation einfügen?

Wenn es sich um ein urheberrechtlich geschütztes Werk handelt (und das ist in den meisten Fällen so), dann darf das Bild nur mit Einwilligung des Urhebers oder Rechteinhabers verwendet werden. Allerdings kann das Bild als sog. “Bildzitat” in die Präsentation eingefügt werden. Dann muss es aber einer Erläuterungs-, Hinweis- oder Veranschaulichungsfunktion dienen, im Umfang vom Zitatzweck gedeckt sein und als Zitat ausgewiesen sein und die Quelle muss angegeben werden (Art. 25 Abs. 2 URG).

5.6-4 Darf ein nicht veröffentlichtes Werk zitiert werden?

Nein, grundsätzlich dürfen nur veröffentlichte Werke zitiert werden. Allerdings kann im Einzelfall der Rechtfertigungsgrund der Wahrung berechtigter Interessen vorliegen, so dass auch das Zitieren eines unveröffentlichten Werkes gerechtfertigt sein kann. Zum Beispiel kann das öffentliche Interesse an der Auseinandersetzung mit historischen Gegebenheiten höherrangig gewertet werden, als das Interesse des Urhebers, sein Werk nicht veröffentlichen zu wollen (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 17.12.1999 – 1 BvR 1611/99 in ZUM 2000, 316).